Pressemitteilung
TRAPPIST-1-Planeten wahrscheinlich wasserreich
Erste Einblicke in die Zusammensetzung erdgroßer Exoplaneten
5. Februar 2018
Eine neue Studie hat ergeben, dass die sieben Planeten, die den nahegelegenen, besonders kühlen Zwergstern TRAPPIST-1 umkreisen, alle größtenteils aus Gestein bestehen. Einige von ihnen könnten zudem womöglich mehr Wasser enthalten als die Erde. Die Dichten der Planeten, die man jetzt viel genauer als früher kennt, deuten darauf hin, dass bei einigen von ihnen bis zu 5 Prozent ihrer Masse in Form von Wasser vorliegen könnten – etwa 250 Mal mehr als die Ozeane der Erde. Die heißeren Planeten, die ihrem Mutterstern am nächsten sind, haben wahrscheinlich eine dichte, aus Wasserdampf bestehende Atmosphäre, während die weiter entfernten Planeten vermutlich vereiste Oberflächen haben. In Bezug auf Größe, Dichte und die Menge der Strahlung, die er von seinem Stern erhält, ist der vierte Planet der Erde am ähnlichsten. Er scheint von den sieben Planeten derjenige mit dem größten Gehalt an Gestein zu sein und hat zudem das Potenzial, Wasser in flüssiger Form zu beherbergen.
Die Planeten um den lichtschwachen roten Stern TRAPPIST-1, nur 40 Lichtjahre von der Erde entfernt, wurden 2016 mit dem TRAPPIST-Süd-Teleskop am La-Silla-Observatorium der ESO entdeckt. Im darauffolgenden Jahr zeigten weitere Beobachtungen von bodengebundenen Teleskopen, darunter das Very Large Telescope der ESO und das Spitzer-Weltraumteleskop der NASA, dass sich nicht weniger als sieben Planeten im System befinden, von denen jeder in etwa so groß wie die Erde ist. Sie heißen mit zunehmender Entfernung vom Zentralstern TRAPPIST-1b, c, d, e, f, g und h [1].
Mittleweile wurden weitere Beobachtungen durchgeführt, sowohl von bodengebundenen Teleskopen, einschließlich der fast fertiggestellten SPECULOOS-Anlage am Paranal-Observatorium der ESO, als auch vom Spitzer-Weltraumteleskop der NASA und dem Kepler-Weltraumteleskop. Ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Simon Grimm von der Universität Bern in der Schweiz hat nun sehr komplexe Computermodellierungsmethoden auf alle verfügbaren Daten angewandt und die Dichte der Planeten mit einer viel besseren Genauigkeit bestimmt als zuvor [2].
Simon Grimm erklärt, wie das Team die Massen der Planeten ermittelt hat: "Die TRAPPIST-1-Planeten sind so dicht beieinander, dass sie sich gegenseitig gravitativ stören, wordurch sich die Zeiten, zu denen sie vor dem Stern vorbeiziehen, leicht verschieben. Diese Verschiebungen hängen von den Massen der Planeten, ihren Entfernungen und anderen Bahnparametern ab. Mit einem Computermodell simulieren wir die Umlaufbahnen der Planeten, bis die berechneten Transitzeiten mit den beobachteten Werten übereinstimmen. Daraus ergeben sich dann im Umkehrschluss die Planetenmassen."
Teammitglied Eric Agol über die Bedeutung der Studie: "Ziel der Untersuchung von Exoplaneten ist mittlerweile, die Zusammensetzung erdähnlicher Planeten in Größe und Temperatur zu ermitteln. Die Entdeckung von TRAPPIST-1 und die Möglichkeiten, die sich Dank der Einrichtungen der ESO in Chile und des Spitzer-Weltraumteleskops der NASA in der Erdumlaufbahn ergeben, haben dies möglich gemacht – und geben uns einen ersten Eindruck davon, aus welchem Material erdgroße Exoplaneten bestehen."
Die Messungen der Dichten in Kombination mit Modellen der Zusammensetzung der Planeten deuten darauf hin, dass die sieben TRAPPIST-1-Planeten keine unfruchtbaren Gesteinswelten sind. Sie scheinen beträchtliche Mengen an flüchtigem Material zu enthalten, wahrscheinlich Wasser [3], das in manchen Fällen bis zu 5% der Masse des Planeten ausmacht – eine gewaltige Menge: Im Vergleich dazu besteht die Erde nur zu etwa 0,02 Massenprozent aus Wasser!
"Die Dichte gibt uns zwar wichtige Hinweise auf die Zusammensetzung der Planeten, sagt aber nichts über die Bewohnbarkeit aus. Unsere Studie ist jedoch ein wichtiger Schritt nach vorn, da wir weiterhin untersuchen, ob diese Planeten Leben beherbergen könnten", erläutert Brice-Olivier Demory von der Universität Bern und Ko-Autor der Studie.
TRAPPIST-1b und c, die innersten Planeten, haben wahrscheinlich einen festen Gesteinskern und sind von Atmosphären umgeben, die viel dicker sind als die der Erde. TRAPPIST-1d ist mit etwa 30 Prozent der Masse der Erde der leichteste der Planeten. Die Wissenschaftler sind sich nicht sicher, ob er eine ausgedehnte Atmosphäre, einen Ozean oder eine Eisschicht beherbergt.
Die Wissenschaftler waren überrascht, dass TRAPPIST-1e der einzige Planet im System ist, der etwas dichter als die Erde ist, was darauf hindeutet, dass er einen dichteren Eisenkern haben könnte und nicht unbedingt eine dicke Atmosphäre, Ozean oder Eisschicht haben muss. Noch ist unklar, warum TRAPPIST-1e in seiner Zusammensetzung so viel gesteinshaltiger zu sein scheint als der Rest der Planeten. In Bezug auf Größe, Dichte und die Menge der Strahlung, die er von seinem Stern erhält, ist er der Planet, der der Erde am ähnlichsten ist.
TRAPPIST-1f, g und h sind weit genug vom Mutterstern entfernt, dass Wasser an ihrer Oberfläche zu Eis gefroren sein könnte. Wenn sie dünne Atmosphären haben, enthalten sie wahrscheinlich keine schweren Moleküle wie z.B. Kohlendioxid, das wir auf der Erde finden.
"Es ist interessant, dass die dichtesten Planeten nicht diejenigen sind, die dem Stern am nächsten sind, und dass die kühleren Planeten keine dichten Atmosphären haben können", bemerkt Caroline Dorn von der Universität Zürich in der Schweiz und ebenfalls Ko-Autorin der Studie.
Das TRAPPIST-1-System wird auch in Zukunft im Mittelpunkt intensiver Untersuchungen mit vielen bodengebundenen und weltraumbasierten Einrichtungen stehen, darunter das Extremely Large Telescope der ESO und das NASA/ESA/CSA James Webb Space Telescope.
Astronomen arbeiten zusätzlich hart an der Suche nach weiteren Planeten um lichtschwache rote Sterne wie TRAPPIST-1. Michaël Gillon, Mitglied des Teams, erklärt [4]: "Dieses Ergebnis verdeutlicht, warum wir so interessiert daran sind, nahegelegene, besonders kühle Zwergsterne – wie TRAPPIST-1 – auf Transits erdähnlicher Planeten zu untersuchen. Genau das ist das Ziel von SPECULOOS, unseres neuen Exoplanetensuchprogramms, das in Kürze am Paranal-Observatorium der ESO in Chile in Betrieb gehen wird."
Endnoten
[1] Die Planeten wurden mit Hilfe des bodengebundenen TRAPPIST-Süd-Teleskops am La-Silla-Observatorium der ESO in Chile, mit TRAPPIST-Nord in Marokko, mit dem Spitzer-Weltraumteleskop der NSAA, mit dem HAWK-I-Instrument am Very Large Telescope am Paranal-Observatorium der ESO in Chile und dem 3,8-Meter-UKIRT auf Hawaii, dem 2-Meter-Liverpool-Teleskop und 4-Meter-William-Herschel-Teleskop auf La Palma auf den Kanarischen Inseln sowie dem 1-Meter-SAAO-Teleskop in Südafrika entdeckt.
[2] Die Messung der Dichte von Exoplaneten ist nicht einfach, denn man muss sowohl die Größe des Planeten als auch seine Masse herausfinden. Die TRAPPIST-1-Planeten wurden mit der Transitmethode entdeckt – mithilfe von kleinen Einbrüchen in der Helligkeit des Sterns, wenn ein Planet von der Erde aus gesehen vor dem Stern vortbeiläuft und dabei einen winzigen Teil des Sternlichts blockiert. Daraus ergibt sich bereits eine gute Abschätzung für die Größe des Planeten. Allerdings ist es schwieriger, die Masse eines Planeten zu messen – wenn keine anderen Effekte vorhanden sind, können Planeten mit unterschiedlichen Massen dieselben Umlaufbahnen bevölkern und es gibt keinen direkten Weg, sie voneinander zu unterscheiden. In einem Mehrfachplanetensystem ist das dennoch möglich – massereichere Planeten stören die Umlaufbahnen der anderen Planeten nämlich stärker als leichtere. Dies wirkt sich wiederum auf die zeitliche Abfolge der Transits aus. Das Team um Simon Grimm hat diese komplizierten und sehr subtilen Effekte genutzt, um die wahrscheinlichsten Massen für alle sieben Planeten abzuschätzen, basierend auf einer großen Menge von Zeitmessungen und ausgefeilter Datenanalysen und -modellen.
[3] Die verwendeten Modelle berücksichtigen auch alternative flüchtige Stoffe, wie z.B. Kohlendioxid. Sie bevorzugen jedoch Wasser als Dampf, Flüssigkeit oder Eis als wahrscheinlich größte Komponente des Oberflächenmaterials der Planeten, da Wasser die häufigste Quelle von flüchtigen Stoffen für protoplanetare Scheiben mit sonnenähnlicher chemrischer Zusammensetzung ist.
[4] Die SPECULOOS-Teleskopanlage am Paranal-Observatorium der ESO ist nahezu fertiggestellt.
Weitere Informationen
Die hier vorgestellten Forschungsergebnisse von S. Grimm et al. erscheinen demnächst unter dem Titel “The nature of the TRAPPIST-1 exoplanets” in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics.
Die beteiligten Wissenschaftler sind Simon L. Grimm (Universität Bern, Center for Space and Habitability, Bern, Schweiz) , Brice-Olivier Demory (Universität Bern, Center for Space and Habitability, Bern, Schweiz), Michaël Gillon (Space Sciences, Technologies and Astrophysics Research Institute, Université de Liège, Belgien), Caroline Dorn (Universität Bern, Center for Space and Habitability, Bern, Schweiz; Universität Zürich, Institute of Computational Sciences, Schweiz), Eric Agol (University of Washington, Seattle, USA; NASA Astrobiology Institute’s Virtual Planetary Laboratory, Seattle, Washington, USA; Institut d’Astrophysique de Paris, Frankreich), Artem Burdanov (Space Sciences, Technologies and Astrophysics Research Institute, Université de Liège, Belgien), Laetitia Delrez (Cavendish Laboratory, Cambridge, Großbritannien; Space Sciences, Technologies and Astrophysics Research Institute, Université de Liège, Belgien), Marko Sestovic (Universität Bern, Center for Space and Habitability, Bern, Schweiz), Amaury H.M.J. Triaud (Institute of Astronomy, Cambridge, Großbritannien; University of Birmingham, Großbritannien), Martin Turbet (Laboratoire de Météorologie Dynamique, IPSL, Sorbonne Universités, UPMC Univ Paris 06, CNRS, Paris, Frankreich), Émeline Bolmont (Université Paris Diderot, AIM, Sorbonne Paris Cité, CEA, CNRS, Gif-sur-Yvette, Frankreich), Anthony Caldas (Laboratoire d’astrophysique de Bordeaux, Univ. Bordeaux, CNRS, Pessac, Frankreich), Julien de Wit (Department of Earth, Atmospheric and Planetary Sciences, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, Massachusetts, USA), Emmanuël Jehin (Space Sciences, Technologies and Astrophysics Research Institute, Université de Liège, Belgien), Jérémy Leconte (Laboratoire d’astrophysique de Bordeaux, Univ. Bordeaux, CNRS, Pessac, Frankreich), Sean N. Raymond (Laboratoire d’astrophysique de Bordeaux, Univ. Bordeaux, CNRS, Pessac, Frankreich), Valérie Van Grootel (Space Sciences, Technologies and Astrophysics Research Institute, Université de Liège, Belgien), Adam J. Burgasser (Center for Astrophysics and Space Science, University of Kalifornien San Diego, La Jolla, Kalifornien, USA), Sean Carey (IPAC, Calif. Inst. of Technology, Pasadena, Kalifornien, USA), Daniel Fabrycky (Department of Astronomy and Astrophysics, Univ. of Chicago, Chicago, Illinois, USA), Kevin Heng (Universität Bern, Center for Space and Habitability, Bern, Schweiz), David M. Hernandez (Department of Physics and Kavli Institute for Astrophysics and Space Research, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, Massachusetts, USA), James G. Ingalls (IPAC, Calif. Inst. of Technology, Pasadena, Kalifornien, USA), Susan Lederer (NASA Johnson Space Center, Houston, Texas, USA), Franck Selsis (Laboratoire d’astrophysique de Bordeaux, Univ. Bordeaux, CNRS, Pessac, Frankreich) und Didier Queloz (Cavendish Laboratory, Cambridge, Großbritannien).
Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch 16 Länder: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Hinzu kommen das Gastland Chile und Australien als strategischer Partner. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist außerdem einer der Hauptpartner bei zwei Projekten auf Chajnantor, APEX und ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das Extremely Large Telescope (ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird.
Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.
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Simon Grimm
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Brice-Olivier Demory
SAINT-EX Research Group, University of Bern, Center for Space and Habitability
Bern, Switzerland
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E-Mail: brice.demory@csh.unibe.ch
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Über die Pressemitteilung
Pressemitteilung Nr.: | eso1805de |
Name: | TRAPPIST-1 |
Typ: | Milky Way : Star : Circumstellar Material : Planetary System |
Facility: | Kepler Space Telescope, SPECULOOS, Spitzer Space Telescope, Télescope à Action Rapide pour les Objets Transitoires, Very Large Telescope |
Instruments: | HAWK-I |