Pressemitteilung
VLTI spürt exozodiakales Licht auf
Neue Herausforderung für direkte Abbildungen von Exo-Erden
3. November 2014
Ein internationales Astronomenteam hat das Very Large Telescope Interferometer (VLTI) bis an seine Grenzen ausgereizt und exozodiakales Licht nahe an der habitablen Zone um neun nahegelegene Sterne entdeckt. Exozodiakales Licht ist Sternlicht, das von Staub reflektiert wird, der aus Kollisionen zwischen Asteroiden und der Verdampfung von Kometen resultiert. Die Anwesenheit so großer Mengen an Staub in den inneren Regionen um einige Sterne könnte in der Zukunft ein Hindernis bei der direkten Abbildung von erdähnlichen Planeten darstellen.
Die Astronomen beobachteten 92 nahegelegene Sterne mit dem Very Large Telescope Interferometer (VLTI) im nahen Infrarotlicht [1], um exozodiakales Licht von heißem Staub nahe ihrer habitablen Zonen zu untersuchen und kombinierten die neuen Daten mit früheren Beobachtungen [2]. Um neun der untersuchten Sterne konnte sehr helles exozodiakales Licht beobachtet werden, das durch das Leuchten der heißen exozodiakalen Staubkörner oder durch die Reflektion von Sternlicht an diesen Staubkörnern erzeugt wird.
Von dunklen Beobachtungsorten auf der Erde sieht das Zodiakalicht wie ein schwacher, diffuser weißlicher Schein aus, den man am Nachthimmel nach dem Ende der Abenddämmerung oder vor Beginn der Morgendämmerung sehen kann. Er wird durch die Reflektion des Sonnenlichts an kleinen Partikeln hervorgerufen und scheint sich von der Sonne aus auszubreiten. Dieses reflektierte Licht ist nicht nur von der Erde aus sichtbar, sondern kann überall im Sonnensystem beobachtet werden.
Der glimmende Schein, der in dieser neuen Studie betrachtet wird, ist eine viel extremere Version desselben Phänomens. Zwar ist dieses exozodiakale Licht – Zodiakallicht in anderen Sternsystemen – schon zuvor beobachtet worden, aber dies ist die erste große, systematische Studie dieses Phänomens um nahegelegenene Sterne.
Im Gegensatz zu früheren Messungen beobachtete das Team keinen Staub, der sich später zu Planeten zusammenklumpt, sondern Staub, der durch Kollisionen zwischen Planetenbruchstücken von einigen wenigen Kilometern Größe erzeugt wird – Objekten, die als Planetesimale bezeichnet werden und die den Asteroiden und Kometen des Sonnensystems ähnlich sind. Staub dieser Art ist auch der Ursprung des Zodiakallichts im Sonnensystem.
"Wenn wir die Entstehung der erdähnlichen Planeten nahe der habitablen Zone untersuchen wollen, müssen wir den zodiakalen Staub in dieser Region um andere Sterne herum beobachten", sagt Steve Ertel von der ESO und der Universität von Grenoble in Frankreich, der Erstautor des Fachartikels, in dem die Studie beschrieben wird. “Das Aufspüren und Charakterisieren dieser Art von Staub um andere Sterne herum ist ein Weg, die Architektur und Entstehung von Planetensystemen zu studieren."
Die Entdeckung schwachen Staubs nahe an dem blendenden Zentralstern erfordert hochauflösende Beobachtungen mit Interferometern von hohem Kontrast. Interferometrie – die das Licht kombiniert, das genau zur selben Zeit mit mehreren Teleskopen gesammelt worden ist – durchgeführt im Infrarotlicht, ist soweit die einzige Technik, die es erlaubt, diese Art Systeme zu entdecken und zu untersuchen.
Nur indem sie das VLTI in Sachen Präzision und Effektivität bis an seine Grenzen brachten, war es dem Wissenschaftlerteam möglich, eine zehnfach bessere Leistung als alle anderen Instrumente der Welt zu erreichen.
Für jeden der untersuchten Sterne verwendete das Team die VLT-Hilfsteleskope mit 1,8 Metern Durchmesser, um Licht in das VLTI zu bringen. Wo starkes exo-zodiakales Licht vorhanden war, konnten sie auch die ausgedehnten Staubscheiben vollständig auflösen und deren schwaches Leuchten vom dominanten Licht des Sternes zu trennen [3].
Über die Analyse der Eigenschaften der Sterne, die von einer Scheibe von exozodiakalem Staub umgeben sind, fand das Team heraus, dass der meiste Staub um ältere Sterne entdeckt wurde. Dieses Resultat war sehr überraschend und wirft einige Fragen auf für unser Verständnis von Planetensystemen. Alle bekannten Mechanismen zur Staubproduktion, die von Kollisionen von Planetesimalen verursacht wird, sollte über die Zeit abnehmen, da die Anzahl der Planetesimale sich verringert, wenn sie zerstört werden.
Die Stichprobe von beobachteten Objekten umfasste auch 14 Sterne, bei denen zuvor Exoplaneten entdeckt worden waren. All diese Planeten befinden sich in derselben Region des Systems wie der Staub, der das Zodiakallicht erzeugt. Die Gegenwart von exozodiakalem Licht in Systemen mit Planeten könnte für weitere astronomische Studien von Exoplaneten problematisch sein.
Exozodiakale Staubemission, auch auf niedrigem Niveau, macht es bedeutend schwieriger, erdähnliche Planeten durch direkte Aufnahmen zu entdecken. Das exozodiakale Licht, das in dieser Studie entdeckt wurde, ist um einen Faktor 1000 heller als das Zodiakallicht, das um die Sonne herum zu sehen ist. Die Anzahl der Sterne, die Zodiakallicht auf dem Niveau des Sonnensystems aufweisen, ist sehr wahrscheinlich höher als die Anzahl, die in der Untersuchung gefunden wurde. Diese Beobachtungen sind deshalb nur ein erster Schritt zu mehreren detaillierten Studien von Exo-Zodiakallicht.
"Die hohe Entdeckungsrate auf diesem Helligkeitsniveau lässt uns vermuten, dass es eine bedeutende Anzahl von Systemen gibt, die leuchtschwächeren Staub enthalten, der mit unseren Methoden nicht mehr beobachtbar ist, aber trotzdem viel heller wäre als der zodiakale Staub des Sonnensystems”, erklärt Olivier Absil, Koautor des Artikels von der Universität Lüttich. “Die Anwesenheit solchen Staubes in vielen Systemen könnte deshalb ein Hindernis für zukünftige Beobachtungen werden, die darauf abzielen, direkte Bilder von erdähnlichen Exoplaneten zu machen.“
Endnoten
[1] Das Team nutzte das VLTI-Gastinstrument PIONIER, das in der Lage ist alle vier Hilfsteleskope oder alle vier Hauptteleskope des VLT auf dem Paranal Observatorium interferometrisch zu verbinden. Dies führt nicht nur zu extrem hoher Auflösung der Ziele, sondern es erlaubt eine hohe Beobachtungseffizienz
[2] Frühere Beobachtungen wurden mit der CHARA-Anlage gemacht - einem optischen astronomischen Interferometer, das vom Center for High Angular Resolution Astronomy (CHARA) an der Georgia State University betrieben wird, in Kombination mit dem Glasfaser-Strahlteiler FLUOR (Fibre Linked Unit for Optical Recombination).
[3] Als Nebenprodukt haben diese Beobachtungen zur Entdeckung neuer, unbekannten stellarer Begleiter geführt, die einige der massereichsten Sterne der Untersuchung umkreisen. "Diese neuen Begleiter legen nahe, dass wir unsere gegenwärtige Annahme revidieren müssen, wie viele dieser Sterntypen wirklich Doppelsysteme sind", sagt Lindsay Marion, Erstautorin eines zusätzlichen Artikels, das die Hauptstudie ergänzt und dabei dieselben Daten verwendet.
Weitere Informationen
Die hier vorgestellten Forschungsergebnisse von S. Ertel et al. erscheinen demnächst unter dem Titel “A near-infrared interferometric survey of debris-disc stars. IV. An unbiased sample of 92 southern stars observed in H-band with VLTI/PIONIER” in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics. Der begleitende Artikel über Begleitsterne, die bei der Untersuchung gefunden wurden, ist "Searching for faint companions with VLTI/PIONIER. II. 92 main sequence stars from the Exozodi survey" von L. Marion et al., in derselben Ausgabe des Journals.
Das Team besteht aus S. Ertel (Université Grenoble Alpes, Frankreich; ESO, Chile), O. Absil (Universität Lüttich, Belgien), D. Defrère (University of Arizona, USA), J.-B. Le Bouquin (Université Grenoble Alpes), J.-C. Augereau (Université Grenoble Alpes), L. Marion (Universität Lüttich), N. Blind (Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik, Garching), A. Bonsor (University of Bristol, Großbritannien), G. Bryden (California Institute of Technology, Pasadena, USA), J. Lebreton (California Institute of Technology) und J. Milli (Université Grenoble Alpes).
Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation von 15 Ländern: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner bei den neuartigen Teleskopverbund ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop mit 39 Metern Durchmesser für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird: das European Extremely Large Telescope (E-ELT).
Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.
Links
- Fachartikel zum exozodiakalen Licht
- Begleitartikel über stellare Begleiter
- Kurzmitteilung zum PIONIER-Instrument
Kontaktinformationen
Steve Ertel
European Southern Observatory
Santiago, Chile
E-Mail: sertel@eso.org
Lindsay Marion
University of Liège
Liège, Belgium
Tel: +32 4 366 97 58
Mobil: +32 472 347 742
E-Mail: lindsay.marion@ulg.ac.be
Jean-Charles Augereau
Institut de Planétologie et d'Astrophysique de Grenoble (IPAG)
Grenoble, France
Tel: +33 (0)4 76 51 47 86
E-Mail: Jean-Charles.Augereau@obs.ujf-grenoble.fr
Richard Hook
ESO education and Public Outreach Department
Garching bei München, Germany
Tel: +49 89 3200 6655
Mobil: +49 151 1537 3591
E-Mail: rhook@eso.org
Rodrigo Alvarez (Pressekontakt Belgien)
ESO Science Outreach Network
und Planetarium, Royal Observatory of Belgium
Tel: +32-2-474 70 50
E-Mail: eson-belgium@eso.org
Über die Pressemitteilung
Pressemitteilung Nr.: | eso1435de-be |
Name: | Zodiacal light |
Typ: | Milky Way : Star : Circumstellar Material : Planetary System |
Facility: | Very Large Telescope, Very Large Telescope Interferometer |
Instruments: | PIONIER |
Science data: | 2014A&A...570A.128E |
Our use of Cookies
We use cookies that are essential for accessing our websites and using our services. We also use cookies to analyse, measure and improve our websites’ performance, to enable content sharing via social media and to display media content hosted on third-party platforms.
ESO Cookies Policy
The European Organisation for Astronomical Research in the Southern Hemisphere (ESO) is the pre-eminent intergovernmental science and technology organisation in astronomy. It carries out an ambitious programme focused on the design, construction and operation of powerful ground-based observing facilities for astronomy.
This Cookies Policy is intended to provide clarity by outlining the cookies used on the ESO public websites, their functions, the options you have for controlling them, and the ways you can contact us for additional details.
What are cookies?
Cookies are small pieces of data stored on your device by websites you visit. They serve various purposes, such as remembering login credentials and preferences and enhance your browsing experience.
Categories of cookies we use
Essential cookies (always active): These cookies are strictly necessary for the proper functioning of our website. Without these cookies, the website cannot operate correctly, and certain services, such as logging in or accessing secure areas, may not be available; because they are essential for the website’s operation, they cannot be disabled.
Functional Cookies: These cookies enhance your browsing experience by enabling additional features and personalization, such as remembering your preferences and settings. While not strictly necessary for the website to function, they improve usability and convenience; these cookies are only placed if you provide your consent.
Analytics cookies: These cookies collect information about how visitors interact with our website, such as which pages are visited most often and how users navigate the site. This data helps us improve website performance, optimize content, and enhance the user experience; these cookies are only placed if you provide your consent. We use the following analytics cookies.
Matomo Cookies:
This website uses Matomo (formerly Piwik), an open source software which enables the statistical analysis of website visits. Matomo uses cookies (text files) which are saved on your computer and which allow us to analyze how you use our website. The website user information generated by the cookies will only be saved on the servers of our IT Department. We use this information to analyze www.eso.org visits and to prepare reports on website activities. These data will not be disclosed to third parties.
On behalf of ESO, Matomo will use this information for the purpose of evaluating your use of the website, compiling reports on website activity and providing other services relating to website activity and internet usage.
Matomo cookies settings:
Additional Third-party cookies on ESO websites: some of our pages display content from external providers, e.g. YouTube.
Such third-party services are outside of ESO control and may, at any time, change their terms of service, use of cookies, etc.
YouTube: Some videos on the ESO website are embedded from ESO’s official YouTube channel. We have enabled YouTube’s privacy-enhanced mode, meaning that no cookies are set unless the user actively clicks on the video to play it. Additionally, in this mode, YouTube does not store any personally identifiable cookie data for embedded video playbacks. For more details, please refer to YouTube’s embedding videos information page.
Cookies can also be classified based on the following elements.
Regarding the domain, there are:
- First-party cookies, set by the website you are currently visiting. They are stored by the same domain that you are browsing and are used to enhance your experience on that site;
- Third-party cookies, set by a domain other than the one you are currently visiting.
As for their duration, cookies can be:
- Browser-session cookies, which are deleted when the user closes the browser;
- Stored cookies, which stay on the user's device for a predetermined period of time.
How to manage cookies
Cookie settings: You can modify your cookie choices for the ESO webpages at any time by clicking on the link Cookie settings at the bottom of any page.
In your browser: If you wish to delete cookies or instruct your browser to delete or block cookies by default, please visit the help pages of your browser:
Please be aware that if you delete or decline cookies, certain functionalities of our website may be not be available and your browsing experience may be affected.
You can set most browsers to prevent any cookies being placed on your device, but you may then have to manually adjust some preferences every time you visit a site/page. And some services and functionalities may not work properly at all (e.g. profile logging-in, shop check out).
Updates to the ESO Cookies Policy
The ESO Cookies Policy may be subject to future updates, which will be made available on this page.
Additional information
For any queries related to cookies, please contact: pdprATesoDOTorg.
As ESO public webpages are managed by our Department of Communication, your questions will be dealt with the support of the said Department.