Bild der Sonnenfinsternis von 1919 in höchster Auflösung
Vor fast genau 100 Jahren fand ein bemerkenswertes Ereignis statt: eine totale Sonnenfinsternis. Diese Finsternis war in verschiedener Hinsicht etwas Besonderes. Zum einen war sie mit fast sieben Minuten Dauer die längste solche Finsternis in über 500 Jahren. Zum anderen wurde sie von Astronomen genutzt, die damals noch neue allgemeine Relativitätstheorie zu erproben ‒ mit bahnbrechendem Erfolg.
Einstein hatte seine Allgemeine Relativitätstheorie im Jahr 1915 veröffentlicht. Die Sonnenfinsternis von 1919 bot die ideale Gelegenheit, sie experimentell zu testen, indem man feststellte, ob und wie stark die Gravitationskraft der Sonne das Licht entfernter Sterne ablenken kann, so wie es Einsteins Theorie vorhersagt. Für eine kurze Zeit im Laufe der Finsternis würde der Mond das Licht der Sonne blockieren und einige Sterne in der Nähe der Sichtlinie zur Sonne sichtbar werden lassen, die sonst am Taghimmel unsichtbar bleiben. Durch die Messung der Positionen dieser Sterne während der Finsternis und den Vergleich mit ihren Positionen bei Nacht, wenn die Sonne nicht im Blickfeld steht, sollte es möglich sein, nachzuweisen, ob ihre Lichtstrahlen abgelenkt werden, wenn sie nahe an der Sonne vorbeilaufen.
Drei Astronomen ‒ Arthur Eddington, Frank Dyson und Andrew Crommelin ‒ spielten in dem Experiment von 1919 eine Schlüsselrolle. Eddington und Crommelin reisten zu Orten, an denen die Finsternis eine totale Finsternis sein würde ‒ Eddington zur westafrikanischen Insel Príncipe, Crommelin zur brasilianischen Stadt Sobral ‒ während Dyson die Aktion von England aus koordinierte.
Eddington und Crommelin hielten die Finsternis mit der Technologie der damaligen Zeit fest: Fotoplatten aus Glas. Leider gingen die Originalplatten der Expedition von 1919 (von denen eine in der Originalveröffentlichung von Dyson abgebildet ist) verloren ‒ doch glücklicherweise wurden von den Originalplatte Kopien angefertigt und an Observatorien in aller Welt verschickt, um den dortigen Wissenschaftlern das Beweismaterial zur Stützung der Relativitätstheorie zugänglich zu machen. Eine Kopie einer Platte aus Sobral gelangte auch zur Landessternwarte Heidelberg-Königstuhl, wo sie kürzlich im Rahmen des Projekts Heidelberg Digitized Astronomical Plates (HDAP) eingesannt wurde [1].
Das hier gezeigte Bild ist das wohl am höchsten aufgelöste Bild der Finsternis von 1919 und entstand durch die Anwendung moderner Bildverarbeitungstechniken auf diese Plattenkopie ‒ darunter Bildwiederherstellung, Rauschunterdrückung und die Entfernung von Abbildungsfehlern (Version ohne Einblendungen). Es zeigt verblüffende Details in der Sonnenkorona, eine riesige Protuberanz am oberen Rand der Sonne und Sterne des Sternbilds Taurus (der Stier), die zur Überprüfung der Allgemeinen Relativitätstheorie benutzt wurden [2].
Endnoten
[1] HDAP wird unter Forschungsvorhaben No. 00.071.2005 von der Klaus Tschira Stiftung gefördert. Der Originalscan in hoher Auflösung und vor der digitalen Bearbeitung wird hier aus historischen Gründen bereitgestellt.
[2] Die Originalveröffentlichung von Dyson kommt zu einem bahnbrechenden Ergebnis in Form der Abbildung auf Seite 332, welche die Verschiebung der Sterne während der Finsternis in Relation zum Zentrum der Sonne wiedergibt. Diese zeigt eine klare Abhängigkeit (durchgezogene Line) ‒ die Sterne näher an der Sonnenscheibe werden stärker verschoben als diejenigen, die weiter weg stehen, und das um ungefähr den Betrag, der von der allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt wird (doppelt soviel wie von der Newtonschen Gravitationstheorie vorhergesagt, die in der gepunkteten Linie dargestellt wird).
Bildnachweis:ESO/Landessternwarte Heidelberg-Königstuhl/F. W. Dyson, A. S. Eddington, & C. Davidson
Über das Bild
ID: | potw1926a |
Sprache: | de-at |
Typ: | Planetarisch |
Veröffentlichungsdatum: | 1. Juli 2019 06:00 |
Größe: | 23800 x 14191 px |